Verdunstungsmengenberechnung

Beratung, Planung, Projektierung, Bauablauf, Kosten, etc.

Moderator: Amateur

Amateur
Beiträge: 333
Registriert: 02.07.2004, 10:14

Beitrag von Amateur »

Hallo Martin,

mit gemessenen Werten kann ich leider noch nicht dienen. Obenrum (Halle) ist zwar alles fertig aber im Keller drunter (Wasseraufbereitung) ist noch Baustelle. Da ich alles selbst mache und nur gelegentlich am Wochenende dazu komme zieht sich der Umbau gewaltig in die Länge.

Beim Tauscherwirkungsgrad gibt es eigentlich zwei Werte, die leider oft verwechselt werden. Wärme und Temperatur ist nicht das gleiche. Der energetische Wirkungsgrad beschreibt, wieviel Wärmeenergie von der Abluft auf die Frischluft übertragen wird und der Temperaturwirkungsgrad beschreibt das Verhältnis von Zuluft- zu Ablufttemperatur (wird auch trockener Wirkungsgrad genannt). Solange der Taupunkt nicht unterschritten wird die die beiden Werte (fast) gleich und liegen bei den Paul Wärmetauschern (nach Herstellerangaben) bei ca. 90%.

Beim typischen Schwimmhallenklima (30°, 60% RF) stimmt das aber nicht mehr. Der Taupunkt der Schwimmbadluft liegt bei ca. 21°, d.h. bei Frischlufttemperaturen unter 21° beginnt die Abluft im Wärmetauscher zu kondensieren (und zwar kräftig). Dabei wird eine erhebliche Menge latenter Wärme frei, die zusätzlich auf die Frischluftseite übertragen wird. Dabei kommt man dann ohne weiteres auf Temperaturwirkungsgrade nahe 100%, d.h. die Zuluft hat annähernd die gleiche Temperatur wie die Abluft. In einem Fachartikel von Paul http://www.paul-lueftung.net/download/W ... 3_id81.pdf ist das sehr gut beschrieben. Da sind auch die konstruktiven Daten des Tauschers sowie eine konkrete, nachvollziehbare Berechnung des Wirkungsgrads angegeben (sowas findet man bei anderen Herstellern nicht mal ansatzweise).

Wenn man das mal weiter durchrechnet kommt man bei Kondensation zu interessanten Ergebnissen

- Die Lüftungsverluste werden Null, d.h. die Zuluft muß nicht nachgeheizt werden. Aus dem Tauscher kommt knochentrockene Zuluft mit Ablufttemperatur.

- Mit der Fortluft entschwindet genau die Energiemenge, die der latenten Wärme des verdunstenden Beckenwassers entspricht. Die kann auch der beste Wärmetauscher der Welt nicht zurückgewinnen. Wenn man die zurückhaben will braucht man eine Wärmepumpe.

- Das Hallenklima sollte möglichst so gefahren werden, das Kondensation im Tauscher auftritt. Bei abgedecktem Becken also nicht die RF absinken lassen sondern besser die Luftaustauschrate (Volumenstrom) senken. Anders gesagt, die Lüftersteuerung erfolgt feuchtegeführt.

Thema Nachbau. Wenn ich den Platz gehabt hätte wäre es wahrscheinlich ein fertiges Gerät von Paul geworden. Da aber alles in einen Dachboden mit knapp 1 Meter lichter Höhe passen musste (so eine Dachkonstruktion gibt es wahrscheinlich auch nur einmal) ging das leider nicht. Ansonsten gibt es da nicht so wahnsinning viel zu sehen. Die Lüftungskanäle und die Gehäuse für Lüfter, Wärmetauscher und Filter habe ich aus alukaschierten PU-Platten mit PU-Kleber geklebt, Vorbild siehe http://www.enkho.de/content/luftkanaele.htm Kanalquerschnitt ca. 40x10 cm, 2cm Wandstärke. Die Abluftkanäle habe ich umlaufend an die Hallendecke geklebt und zusammen mit Wände und Decke verputzt. In die Kanäle habe ich Halogenspots als Hallenbeleuchtung gesetzt (mit Edelstahlschalen zur Abdichtung). Sieht jetzt aus wie ein Deckenpodest und gar nicht mehr wie ein Lüftungskanal. Jedenfalls viel besser als diese grottenhässlichen Wickelfalzrohre. Für die Zuluft habe ich vor dem Fenster im Meterabstand 125er Kernbohrungen durch die Rohdecke, die in einem Luftkanal im Keller darunter münden. Im Estrich ist ein Alukasten mit einer Bodenluftschiene eingebaut, siehe http://www.enkho.de/bilder/9.jpg

Den Innenaufbau eines Lüftungsgeräts kann man auf den Paul-Seiten gut erkennen, z.B. http://www.paul-lueftung.net/upload/con ... 1060_5.jpg Das ist nun nicht gerade eine Mondrakete. Bei mir ist es einfach eine Kiste aus PU-Platten, die das Tauscherelement umschließt. Zuluft und Abluftanschluß ist oben, Frischluft und Fortluft unten damit das Kondensat aus dem Tauscher ablaufen kann. Unter dem Fortluftauslass des Tauschers befindet sich eine Wanne mit Ablauf für das Kondensat. Da liegt ein Heizkabel drin, das sich selbsttätig bei Frost einschaltet damit das Kondensat im Ablauf nicht gefriert (reine Vorsichtsmaßnahme). Im Wesentlichen ist das auch schon alles.

Viel Erfolg beim Nachbau,
Andreas
Uwe Kreitmayr
Beiträge: 915
Registriert: 16.03.2005, 11:53
Wohnort: Iserlohn

Beitrag von Uwe Kreitmayr »

Hallo Martin und Andreas,

Schwimmbeckenabdeckung begeistern mich nicht so sehr, sind zwar in ihrer Wirkung gut allerdings sind die Preise recht beachtlich.
Bei unserer Halle und Beckensituation wäre eine Abdeckung auf der Längsseite am besten. Welle wäre dann 10 m lang :shock: .

Auf der 4 m Seite ginge es auch, jedoch wäre eine neue Leiter notwendig.

http://img221.imageshack.us/my.php?imag ... 0015eb.jpg

Interessant weil auch kostengünstig erscheint mir das Konzept von Andreas. Werde in den nächsten Tagen mal die Links genauer lesen.

Martin, ich habe noch einen Wärmemengenzähler im Keller liegen.
Eichfrist läuft seit zwei Jahren. ist noch fabrikneu, Interesse??

Frag doch mal bei den Wärmemessdiensten wie Ista, Techem usw. ob du nicht eine alten WZ bekommen kannst. Die funktionieren länger als die zulässige Eichfrist, ggf muss nur die Batterie ausgetauscht werden. Soll ein bischen Trickreich sein, da die Dinger wohl ohne Strom sofort ihre Software vergessen. Habe mir sagen lassen, erst neue Batterie einlöten , dann erst die alte raus.

MfG
uwe
Uwe Kreitmayr
Beiträge: 915
Registriert: 16.03.2005, 11:53
Wohnort: Iserlohn

Beitrag von Uwe Kreitmayr »

@ amateur

Hallo Andreas,

finde deine Lüftungsanlage interessant. Habe heute mal mit Paul telefoniert.

Kannst du feststellen wie hoch bei dir die verdunstete Wassermenge ist.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hast du ein Becken mit Rinne, somit kannst du den täglichen Wasserverlust nicht an der sinkenden Höhe des Wasserspiegels ermitteln.

Interessant wären auch Werte über die Menge des anfallenden Kondensates je Tag.

Wie stark ist der Einfluss der Außentemp.? Im Winter wird Rückgewinnung der latenten Wärme sicher besser gelingen als im Sommer. Kannst du uns dazu etwas mitteilen?

MfG
uwe
Amateur
Beiträge: 333
Registriert: 02.07.2004, 10:14

Beitrag von Amateur »

Hallo Uwe,

leider kann ich nicht mit aktuellen Messwerten dienen, da das Becken noch nicht in Betrieb ist (Wasseraufbereitung ist noch Baustelle). Vor dem Umbau (d.h. mit altem Skimmerbecken) hatte ich ganz grob etwa 75 Liter/Tag gemessen, d.h. etwa 2,5 Liter/(m²*Tag). Die Betriebsbedingungen waren nominal 30° Luft, 28° Wasser, 60% Luftfeuchtigkeit, keine Abdeckung, etwa 1 Std Nutzung pro Tag. Diese Werte ist aber mit Vorsicht zu genießen, da

- Steinzeit-Regelungstechnik mit Riesenschwankungsbreiten der Betriebswerte (besonders Luftfeuchtigkeit)
- Becken leicht undicht, tropfte zwar nur aber das summiert sich.
- keine kontrollierte Lüftung und Hallenheizung im Sommer (Oberlichter auf und fertig)

Ich denke mal mit den Werten kann man nicht viel anfangen. Vor dem Umbau habe ich deshalb versucht das Ganze zu modellieren um wenigstens ein Gefühl für die tatsächlichen Verhältnisse zu bekommen. Leider steht und fällt die ganze Rechnung mit dem Verdunstungsbeiwert. Mit diesem Wert versucht die DIN2089 das zu beschreiben, was eigentlich mangels Daten nicht berechnet werden kann, d.h. Wellenbewegung, Wind, Benutzerverhalten usw. Da dich als Maschbau-Ing. Gleichungen nicht schrecken sollten hier der schematische Rechengang:

- Mit der Magnusformel Wasserdampf-Partialdruck an der Wasser-Luft Grenzschicht und in der Hallenluft berechnen.
- Mit dem Verdunstungsbeiwert kriegst du aus der Partialdruckdifferenz die Verdunstungsrate und dann über die Beckenfläche den verdunstenden Massestrom.
- Dieser Massestrom muß über die Lüftung abgeführt werden. Den dazu nötigen Außenluftmassestrom erhält man aus der Differenz des (absoluten, nicht relativen!) Wassergehalts der Hallenluft und der Außenluft.
- Den (absoluten) Wassergehalt feuchter Luft kriegt man wieder über die Magnusformel und die Normdichten von Wasserdampf und trockener Luft

Für die Kondensation im Wärmetauscher ist der Taupunkt der Hallenluft entscheidend. Der liegt bei 30°/60% bei ca 21°, d.h. solange die Außenluft kälter als 21° ist wird latente Wärme zurückgewonnen und der Temperaturwirkungsgrad des Wärmetauschers liegt nahe bei 100%. Erst bei Außentemperaturen über 21° wird er schlechter, aber dann ist er ja auch nicht mehr so wichtig. Man sollte eben nicht mehr als nötig lüften, da sonst die Rf sinkt, der Taupunkt absinkt und evtl. keine Kondensation mehr stattfindet.

Die Kondensationsmenge richtet sich nach dem Massestrom der Lüftung (s.o.), d.h. letzendlich nach dem Zustand der Außenluft. Der Abluft kann ja nur soviel Wärme entzogen werden, wie die Außenluft braucht um auf Hallentemperatur zu kommen.

Bei 0° 80% sind es rechnerisch etwa 16 Liter pro Tag. Bei 10° 70% sind es noch gut 12 Liter. Alles mit idealem Wärmetauscher gerechnet.

Ich hab die Mathcad Rechengänge mal hier abgelegt:
Verdunstungsberechnung:
http://img420.imageshack.us/img420/2900 ... ung8xn.gif
Lüftungsbedarf:
http://img420.imageshack.us/img420/2590/lftung7jc.gif

Die Wärmetauscherbilanz ist leider zu länglich für imageshack

Falls noch Fragen sind, nur zu

MfG.
Andreas
Antworten